Ausstellungsreihe Vorbilder - Einblicke ins Handwerk

Erfolgreiche Handwerker und Handwerksbetriebe sind die besten Vorbilder für Existenzgründerinnen und Existenzgründer. Ob starke Unternehmerinnen, Nachfolge innerhalb der Familie oder besondere Junghandwerker – die Ausstellungsreihe Vorbilder bietet dank ungewöhnlicher Blickwinkel spannende Einblicke in das Handwerk und das Wirken seiner Akteure.

Vorbilder III - Junge Wilde, altes Handwerk

Worum geht es?

Handwerk ist für viele junge Menschen nicht nur ein Beruf, sondern viel mehr Berufung – Handwerk ist ihr Leben. Dieses Gefühl in Bildern einzufangen, ist dem Fotografen Markus Dietze auf beeindruckende Weise gelungen. Wir zeigen Handwerkerinnen und Handwerker, die Vorbilder für all diejenigen sind, die noch nach ihrer Berufung suchen.
 
"Wir wollen zeigen, dass Handwerk mehr ist als nur ein Beruf. Handwerk ist Lebensstil und Lebensgefühl in einem“, erläutert Frank Saier, Betriebsberater der Handwerkskammer Freiburg die Motivation hinter dem Projekt. "Gerade im Zeitalter der Digitalisierung bietet das gute alte Handwerk spannende Perspektiven.“
 
Wie in vielen Branchen sucht auch das Handwerk händeringend nach Unternehmertypen. Wir widmen uns seit vielen Jahren auf vielfältige Weise der Förderung der Gründerkultur in der Region. Im Zentrum der Ausstellung steht daher auch die Frage nach der Selbstständigkeit. Wer findet hierin seine Erfüllung, wer nicht?  
 
Nach „Vorbilder I – Gründerinnen im Handwerk“, „Vorbilder II – Familienunternehmen im Handwerk“ folgt mit „Vorbilder III – Junge Wilde, altes Handwerk“ der letzte Teil der Vorbilder-Trilogie. Die Bilder werden im Rahmen der Baden Messe vom 8. bis 16. September 2018 auf der Messe Freiburg erneut zu sehen sein.

Interviews, die beeindrucken

Wir haben mit den "Jungen Wilden" Interviews geführt, um nicht nur die tollen Bilder, sondern auch die Menschen dahinter einer breiten Öffentlichkeit vorstellen zu können. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Fast allen haben wir beispielsweise die Frage gestellt, was sie zu "Jungen Wilden" macht. Lassen Sie sich von den Antworten überraschen!

Tamara Schätzle +++ Jahrgang 1994 +++ Kachelofenbauerin

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Was macht Sie zur „Jungen Wilden"?

Ich finde es sehr schwierig, diese Frage zu beantworten … vielleicht weil ich eine Frau in einem Männerberuf bin, einem Beruf der körperlich oft sehr anstrengend ist. Oder weil ich viele Dinge die schon seit vielen Jahren eine gewisse Routine haben, einfach anders lösen oder neue Wege finden will.

Würden Sie sagen, Sie üben Ihren Traumberuf aus?

Auf alle Fälle! Schon zu Schulzeiten wusste ich, dass ich die Firma meines Papas weiterführen will, auch wenn ich damals komplett andere Vorstellungen vom Ofenbau hatte. Ich habe als Kind immer gesehen wie mein Papa aus Ton wunderschöne kleine Ofenmodelle geformt hat. Wir durften ebenfalls aus einem kleinen Stück Ton Figuren basteln. Damals war mir noch nicht klar, dass das mit dem eigentlichen Beruf des Ofenbauers nur ganz wenig zu tun hat.

Sie arbeiten im elterlichen Betrieb und möchten diesen auch übernehmen. Erzählen Sie uns ein bisschen aus Ihrem Alltag.

Mein Alltag ist oft sehr lang. Von einer 5-Tage-Woche oder einer 40-Stunden-Woche bin ich meistens sehr weit entfernt. Allerdings ist jeder Tag ein wenig anders und bringt neue Herausforderungen mit sich. Früh am Morgen bin ich bei der Einteilung und Besprechung mit unseren Mitarbeitern dabei, um Fragen und Abläufe zu besprechen und zu koordinieren. Manchmal ist das aber auch etwas schwierig, da unser „ältester“ Geselle schon im Betrieb war, als ich noch nicht einmal geboren war. Außerdem bin ich mit Abstand das jüngste Teammitglied. Aber da wir ein sehr familiäres Betriebsklima haben, passt es am Ende doch immer. Besonders reizvoll am Ofenbau ist sicherlich, dass ich vom ersten Gespräch bis zum fertigen Objekt voll dabei bin. Wir liefern nicht irgendwelche Komponenten, sondern verwirklichen komplette Projekte. Vom ersten Bleistiftstrich bis zum gemeinsamen Anheizen bin ich dabei. Dafür lohnt sich die viele Arbeit immer.

Was ist das Besondere an Ihrem Beruf?

Es ist ein sehr vielfältiger Beruf. Ein Ofenbauer muss ganz viele Gewerke beherrschen. Wir mauern, verputzen, müssen über Elektronik, Heizungstechnik und Metallbau Bescheid wissen. Lüftungstechnik- und Schornsteinbau gehören zu den Grundlagen. Ich plane unsere Entwürfe mit modernster CAD-Technik am Computer und visualisiere Sie für unsere Kunden. Auf alle Fälle wird es nie eintönig oder langweilig.

Jürgen Hättich +++ Jahrgang 1977 +++ Maurermeister und geprüfter Restaurator im Maurerhandwerk

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Herr Hättich, möchten Sie uns vielleicht einfach etwas über sich und Ihren Beruf erzählen?

Sehr gern. Als ich mich entschied den Beruf des Maurers zu ergreifen, war mir schon klar, dass ich in irgendeiner Form weiter machen bzw. aufsteigen will. Der Beruf hatte für mich als jungen Kerl dahingehend seinen Reiz, als man hier eine gewisse Robustheit und Gewandtheit mitbringen musste. Eigenschaften, die man ja gerade als Teenager unter Beweis stellen will. Die alte Zunftkleidung übte dabei auch gehörig Eindruck aus.

Wie schon erwähnt war mir bewusst, dass es mit der Lehre nicht zu Ende sein sollte und das ist gerade im Baubereich ein entscheidender Vorteil, da man sehr viele Möglichkeiten hat, seinen weiteren Berufsweg zu bestreiten.

Ich persönlich habe mit Anfang 20 schon den Meister gemacht und einige Jahre im Beruf gearbeitet, bis ich dann endgültig meiner Leidenschaft gefolgt bin und den Restaurator im Maurerhandwerk gemacht habe. Seit Beginn meiner Selbstständigkeit vor neun Jahren darf ich nun das alte Handwerk ausüben und mitwirken, alte Bauwerke und somit unser kulturelles Erbe für zukünftige Generationen zu erhalten. Das war auch der Grund, warum ich mich für die Ausstellung „Junge Wilde, altes Handwerk“ beworben habe. Zwar bin ich nicht mehr der Allerjüngste, aber dennoch recht wild! Das muss man auch sein, gerade wenn man als Einzelkämpfer und Selbstständiger bestehen will. Mir liegt es am Herzen, jüngeren Menschen hierbei die Lust am Handwerk und am „Alten“ nahe zu bringen, da dies meiner Einschätzung nach heute zu wenig geschieht.

In der Wegwerfgesellschaft sind mehr denn je wieder Werte gefragt wie die „Kultur der Reparatur“, wo es darum geht, auch mit wenig Aufwand und Pflege Dingen eine längere Haltbarkeit zu geben. Denn klar dürfte auch sein, dass wir als Menschheit so auf Dauer nicht weitermachen können. Aus verschiedenen Überlegungen heraus, zum Beispiel aus Gründen der Nachhaltigkeit, müssen wir zu ressourcenschonenderem Bauen kommen. Die Klimaproblematik sowie weitere daraus resultierende Gegebenheiten zwingen zum Umdenken. Dabei kann man sagen: Denkmalschutz ist Klimaschutz. Die Energiebilanz eines alten Gebäudes ist unschlagbar im Vergleich zu heutigen energieaufwendig hergestellten Materialien.

Die Politik muss endlich begreifen, dass es ein breites Programm braucht, die historische Bausubstanz verträglich instand zu setzen, anstatt immer neue Baugebiete auszuweisen. In meiner Selbstständigkeit habe ich öfter die Erfahrung gemacht, dass dieses Potential nicht erkannt wird. Dennoch hat es sich gelohnt, mit Beharrlichkeit und Willensstärke einen längeren Zeitraum durchzustehen. Inzwischen habe ich mich auf dem Markt positioniert und als Spezialbetrieb etabliert, wenn es um denkmalgerechte Lösungen geht. Die Möglichkeit jemanden einzustellen will ich mir dabei auch zukünftig offenhalten. Die Tätigkeit ist sehr abwechslungsreich und es sind fast ausschließlich individuelle Ansätze gefragt, also keine Arbeit von der Stange. Von mittelalterlichen Mauern über barocke Gewölbe bis hin zu alten Lehmwänden ist alles dabei. Einfach ein Beruf, der Freude macht und einen in gewissen Momenten demütig und nachdenklich werden lässt in Anbetracht der Leistung unserer Vorfahren, die nicht unsere heutigen Möglichkeiten hatten.

Man muss „die Hand sehen“ bei einer Arbeit! Nach diesem Motto arbeite ich. Glatte sterile Flächen sind mir ein Graus, schließlich bin und bleibe ich HANDwerker, jung und wild eben!

Das Interview mit Jasmin Basile fand vor dem Abschluss ihrer Ausbildung zur Fleischerin statt

Jasmin Basile +++ Jahrgang 1997 +++ Fleischerin +++ Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerks (Schwerpunkt Fleischerei)

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Frau Basile, auch Sie waren 2017 bei den "Jungen Wilden" dabei. Sie sind noch sehr jung und machen bereits die zweite Ausbildung. Können Sie uns ein bisschen von sich erzählen?

Ja, gern. Kurz vor meinem Abschluss als Fleischereifachverkäuferin habe ich meine Ausbilderin um Rat gefragt, da ich nicht wusste, wie es nach der Ausbildung weitergehen soll. Da sie weiß, wie ich arbeite, hat sie mir vorgeschlagen, eine zweite Ausbildung als Fleischerin zu starten. Ich selbst halte mich ja für einen „kleinen Perfektionisten“. Ich richte z.B. die Sachen immer so her, wie ich sie auch kaufen würde. Ich fand also die Idee ziemlich gut, denn ich wollte sehen, wie es „hinter den Kulissen“ ist; wie alles hergestellt wird und auf was man achten muss. Außerdem gibt es eh wenige Frauen, die diesen Beruf ausüben.

Also habe ich mich beworben, wurde gleich zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch eingeladen und auch angenommen. Mein jetziger Chef fand es sehr interessant, dass sich eine junge Frau für eine Ausbildung im Fleischerhandwerk bewirbt. Eine Sorge weniger! Ich musste mir nun keine Gedanken mehr machen wie es nach der Ausbildung weiter geht und konnte mich voll und ganz auf die Prüfungen konzentrieren. Ich schloss meine Ausbildung erfolgreich ab und fing am 1. August 2016 meine Lehre als Fleischerin an.

Am Anfang war es für mich schon sehr ungewohnt, da mir der Umgang mit den Kunden fehlte. Aber ich gewöhnte mich daran. Ich habe dann schnell festgestellt, dass man in diesem Beruf Kraft braucht und dass kleinere Verletzungen, unter anderem auch Schnitte, einfach zum Alltag gehören. Ungewohnt war für mich auch, als einzige Frau unter Männern zu arbeiten, die natürlich mehr Kraft als ich haben. Aber sie unterstützen mich, helfen mir bei schweren Sachen, die ich einfach nicht allein heben kann.

In meiner Ausbildung lernte ich nach und nach alles was zum Beruf gehört, z.B. die Herstellung unterschiedlicher Wurstsorten und Spezialitäten wie Pasteten oder gefüllten Braten, aber auch das Ausbeinen. Bei der Zwischenprüfung war ich dann eine der Besten aus der Klasse, was mich noch mehr anspornte. Jetzt, gegen Ende meiner Ausbildung macht mir allerdings leider immer mehr mein Rücken zu schaffen. Das liegt einfach an den schweren Gewichten. Es ist halt doch ein richtiger „Knochen-Job“. Als ich vom Arzt erfuhr, dass ich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Fleischerin arbeiten darf, war ich traurig. Aber es ist mir trotzdem sehr wichtig, die Ausbildung abzuschließen.

Ich werde dann erst einmal wieder im Verkauf zu arbeiten. Eventuell mache ich ja in 2-3 Jahren den Meister oder den Lebensmitteltechniker. Ich bereue keineswegs meine Entscheidung für eine Ausbildung als Fleischerin, denn ich habe so unglaublich viel gelernt und die Arbeit ist einfach abwechslungsreich. Es macht richtig Spaß, mit meinen Kollegen zum Beispiel neue Salami-Sorten herzustellen oder im Sommer verschiedene Grillspieße. Das wird mir sehr fehlen, denn im September bin ich fertig mit meiner Ausbildung.

Marco Trenkle +++ Jahrgang 1980 +++ Friseurmeister

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Herr Trenkle, was macht Sie zum „Jungen Wilden“?

Zum Thema „Junge Wilde“ muss ich sagen, dass ich das Friseurhandwerk bzw. Barbertum lebe mit allem was dazu gehört – Musik, Lebenseinstellung, Tattoos und Stolz.

Seit ich 2011 versuche ich, mit meinem Salon meinen Beitrag dafür zu leisten, dem Friseurberuf wieder den ihm gebührenden Stellenwert in der Gesellschaft zu geben. Dafür gebe ich richtig Gas und das Tag für Tag. Ich bleibe niemals stehen! Das macht mich zu einem jungen Wilden. Seit 7 Jahren habe ich meinen Salon. Das genügt aber nicht. Nebenbei gebe ich Seminare in ganz Deutschland. Die stetige Weiterentwicklung des Könnens und des Berufs ist lebensnotwendig.

Inwiefern Musik und Tattoos?

Es gibt eine weltweite Barber-Szene, die zusammenhält. Dazu gehören natürlich Männersachen und ein „richtiger“ Mann hört eben Rockmusik, Punk, Rockabilly … bloß keine Waschlappenmusik. Tattoos zeigen, dass man anders sein will, sich abheben möchte. Zudem warten Tattoos früher nur echten Kerlen vorbehalten, wie zum Beispiel Seemännern. Das lebt der Barber nun wieder aus.

Was macht Ihren Beruf für Sie so besonders?

Der Friseurberuf bedeutet für mich: Ehrlichkeit, Offenheit, Kreativität, Stolz. Und: Immer mit verschiedenen Menschen zu arbeiten macht diesen Beruf einzigartig.

Was beschäftigt/bewegt Sie in Ihrem Berufsalltag?

Am meisten beschäftigt mich im Berufsleben das Ziel, sich immer weiterzuentwickeln und nie stehen zu bleiben. Allerdings ist die Entwicklung in unserer Branche nicht so gut. Der Nachwuchs fehlt. Ich würde mir wünschen dass die jungen Leute wieder sehen wie genial der Beruf ist. Zudem beschäftigt mich, dass mir bei vielen der Stolz fehlt – der Stolz auf Ihren Beruf. Wir sind keine „Frisösen“, sondern Friseure/Stylisten oder in meinem Fall Haarschneider.

Welche Sicht haben Sie auf den Meisterbrief bzw. die Meister-pflicht auch speziell für Ihren Beruf?

Der Meisterbrief ist für mich absolut notwendig! Ohne Meisterbrief, kein Salon. Das ist Tradition, und zudem benötigt man zum Selbstständig werden Erfahrung und unternehmerische Ausbildung. In meinen Augen sollte sogar die Gesellenpflicht wieder eingeführt werden. Das heißt um den Meister zu machen, musste ich mind. 3 Jahre als Geselle tätig gewesen sein. Warum? Wer viel Berufserfahrung besitzt, kann erfolgreich als Unternehmer sein.

Ajda Hashemi +++ Jahrgang 1992 +++ Zimmerin

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Auch wenn es in den letzten Jahren einige Frauen im Zimmererhandwerk gibt, ist es doch eher ein klassischer Männerberuf. Was hat Sie an der Ausbildung in diesem Beruf gereizt?

Leider ist es tatsächlich immer noch recht unüblich, dass Frauen eine Lehre als Zimmerin machen. Trotzdem habe ich den Beruf wahrscheinlich aus den gleichen Gründen gewählt wie die meisten Männer auch: Ich mag Holz, ich finde es schön, mit meinen Händen zu arbeiten und abends das Ergebnis meiner Arbeit zu sehen. Durch die Vielfältigkeit der Tätigkeiten ist es ein sehr spannender und abwechslungsreicher Beruf und mir gefällt die Arbeit im Freien. Natürlich gibt es da Grenzen! Bei Minusgraden und Schnee oder bei 40 Grad im Schatten macht mir die Arbeit im Freien keinen Spaß mehr, aber das geht den allermeisten meiner männlichen Kollegen ganz genauso.

Und dann kam für mich noch hinzu, dass ich einen Beruf lernen wollte, der es mir ermöglicht zu reisen. Dafür ist der Beruf des Zimmerers geradezu ideal, weil ich zum einen spontan und temporär, und zum andern weltweit arbeiten kann. Häuser werden weltweit jederzeit gebaut. Mittlerweile kann ich ja auch guten Gewissens sagen, dass sich meine Überlegungen als richtig erwiesen haben und ich bereue es ganz und gar nicht, die Zimmererlehre gemacht zu haben. Ich könnte auch keiner anderen Frau davon abraten, das Gleiche zu tun. Körperlich ist es zwar für Frauen wie Männer ein anstrengender Job, aber mittlerweile gibt es wirklich viele Hilfsmittel, die die körperliche Arbeit erleichtern.

Sie leben zurzeit im Ausland. Möchten Sie uns erzählen, wo Sie leben und ob Sie dort als Zimmerin arbeiten.

Schon vor meiner Lehre war Reisen meine große Leidenschaft. Jetzt lebe ich gewissermaßen wie auf der traditionellen Wanderschaft mit einigen Abweichungen: Ich reise nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern weltweit, und ich organisiere meine Reisen und meine Arbeit selbst, ohne mich an gewisse traditionelle Regeln halten zu müssen. Das Prinzip ist trotzdem das Gleiche, nämlich dass ich in verschiedenen Betrieben an verschiedenen Orten Bauweisen und Techniken kennenlerne und so mein Wissen und meine Erfahrungen erweitere. In den letzten Monaten bin ich auf dem Landweg durch den Balkan und die Türkei in den Iran und durch Armenien und Georgien wieder zurück nach Europa gereist. Es war eine sehr spannende Reise, auch wenn sie leider bald vorbei ist.

Haben Sie vor, irgendwann nach Deutschland zurückzukehren um eine deutsche Meisterausbildung zu absolvieren?


Ich kann mir schon vor-stellen, irgendwann die Meisterausbildung zu machen, allerdings erst, wenn ich das Bedürfnis verspüre, sesshaft zu werden. Ich denke, dass es, um eine Zimmerei erfolgreich zu führen, unerlässlich ist, neben der handwerklichen Erfahrung auch Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu haben – zwei Eigenschaften, die ich beim Reisen erwerben kann. Außerdem möchte ich erst einen Betrieb führen, wenn ich ein wirklich gutes Konzept habe, wie ich gute Arbeitsbedingungen und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringen kann.

Matthias Staffel +++ Jahrgang 1984 +++ Zahntechnikermeister

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Herr Staffel, was macht Sie Ihrer Meinung nach zum "Jungen Wilden"?

Ich glaube, es ist zum Teil die Naivität, mit der wir „Jungen“ noch gesegnet sind, Dinge anzupacken. Das lässt uns wahrscheinlich in den Augen so mancher „wild“ erscheinen. Um sich in der heutigen schnelllebigen und digitalen Welt als Selbstständiger im Handwerk behaupten zu können.

Der ausschlaggebendste Grund der mich zum "Jungen Wilden" macht, ist die enorme Motivation die mich antreibt, mein Unternehmen und meinen Berufsstand voran zu bringen, keine Angst vor neuen und innovativen Technologien zu haben und dabei noch die Brücke zwischen Tradition und Moderne zu schlagen.

Würden Sie sagen, dass Sie Ihren Traumberuf ausüben und wenn ja, was macht ihn so besonders?


Ja, es ist mein absoluter Traumberuf. Das Besondere daran ist die enorme Vielfalt, die der Beruf des Zahntechnikers mit sich bringt. Zum einen ist es der traditionelle handwerkliche Umgang mit den verschiedensten Materialien wie Keramiken, Kunststoffen, Metallen und vielen mehr. Zum anderen begeistert mich der kreative Teil, der Menschen wieder ihr ursprüngliches schönes Lachen zurückbringt. Das hat einen echten zwischenmenschlichen Mehrwert.

Eine weitere Besonderheit ist die Kombination der Handwerkstradition mit der hochmodernen Fertigung im CAD-CAM Verfahren, die es bis vor wenigen Jahren noch nicht gab. Dieses Verfahren ermöglicht es, die analoge Abdrucknahme des Zahnarztes mittels eines Scanners zu digitalisieren. Auf diesem digitalen Modell kann dann mit spezieller Software Zahnersatz hergestellt werden. Anschließend wird das Design mittels einer CNC Fräsmaschine oder eines 3D-Druckers produziert und vom Zahntechniker manuell weiterverarbeitet. Das bringt einen enormen Zugewinn an Möglichkeiten und neuen Materialien mit sich.

Was bedeutet für Sie als Zahntechnikermeister der Meistertitel?

Der Meister seines Faches zu sein bedeutet für mich, mit all meinen erlernten bzw. erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten das Beste für mein Unternehmen, meine Mitarbeiter, meine Kunden und nicht zuletzt für den Berufsstand Handwerksmeister herauszuholen. Hinzu kommt, dass ich junge Menschen von dem Beruf des Zahntechnikers und damit vom Handwerk begeistern möchte. Dieser Titel verpflichtet!

Sie haben Ende vergangenen Jahres einen Betrieb übernommen. Wie fühlt es sich an, ein Unternehmen zu leiten?

Ein Unternehmen zu übernehmen bedeutet, schon bestehende Strukturen vorzufinden, wie ein fester Kundenstamm oder Mitarbeiter. Das hat es für mich ein Stück weit einfacher gemacht, da ich das Unternehmen schon einige Jahre als mitarbeitender Meister kannte und somit wusste, dass ich mich auf mein Team hundertprozentig verlassen kann. Dennoch bedeutete das Leiten eines Unternehmen anfangs auch viele schlaflose bzw. unruhige Nächte.

Ich bin froh, als junger Wilder den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt zu haben und kann sagen, dass es sich einfach nur gut anfühlt.

Lisa Langenbacher +++ Jahrgang 1997 +++ Maler und Lackererin

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Sie waren 2017 eine der „Jungen Wilden“ Was macht Sie Ihrer Meinung nach dazu?

Für die jungen Wilden habe ich mich aus Spaß und Interesse an neuen Sachen beworben. Ich bin ein sehr spontaner und abenteuerlustiger Mensch. Seit über vier Jahren bin ich begeisterte Motorradfahrerin einer Kawasaki Z750. Obwohl ich kleiner bin, beherrsche ich meine große Maschine mit Leichtigkeit und fahre bei schönem Wetter mit meiner Freundin gerne in die Berge. Zu einer jungen Wilden macht mich meine Einstellung, dass ich mich nicht in klassische Frauen-Hobbys und –Berufe zwängen lasse.

Es ist sicher kein Klischee zu sagen, dass der Beruf des Maler- und Lackierers kein typischer Frauenberuf ist. Was hat Sie dazu bewogen, genau diesen Beruf zu ergreifen?

Bei meiner ersten Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau habe ich schnell gemerkt, dass Büroarbeit nichts für mich ist. Ich wollte etwas anderes machen, am liebsten etwas Handwerkliches. Also habe ich kurz entschlossen ein Praktikum im Maler- und Lackiererhandwerk absolviert. Die Wahl fiel auf dieses Handwerk, weil ich stets Freude daran hatte, meinen Freunden und meiner Familie beim Streichen und Lackieren zu helfen. Schließlich habe ich dann meine Ausbildung in diesem Beruf absolviert. Die vielseitigen, körperlich anspruchsvollen Arbeiten und die wechselnden Arbeitsorte sind sehr spannend und genau das Richtige für mich. Ich sehe am Abend was ich gemacht habe und ein Fitness-Studio brauche ich auch nicht mehr.

In Ihren Beruf benötigen Sie ja für die Selbstständigkeit einen Meistertitel. Was halten Sie davon?

Der Meistertitel ist eine interessante Option nach einer Gesellenausbildung. Doch habe ich mir darüber bisher noch keine Gedanken gemacht, da ich noch jung bin und die Ambitionen, einen eigenen Betrieb zu führen, bisher noch sehr gering sind.

Yvonne Glampe +++ Jahrgang 1984 +++ Installateur- und Heizungsbauermeisterin und Elektrotechnikermeisterin

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Was macht Sie zur "Jungen Wilden"?

Installateur-, Heizungs- und Elektrotechnikmeisterin und Ausbildungsleiterin, Beisitzerin des Prüfungsausschusses der SHK-Innung und K-1 Kickboxsportlerin, geht´s noch wilder? Ich bin Leistungssportlerin und somit erfolgsorientiert. Mein Trainer meinte, man muss in Bewegung bleiben, sonst läuft man Gefahr KO zu gehen. Besser kann ich mein Leben nicht beschreiben.

Sie arbeiten als Anlagenmechanikerin SHK. Wie kam es dazu, dass Sie sich für diesen - für eine Frau ja doch immer noch recht untypischen - Beruf entschieden haben?

Ich habe den Hauptschulabschluss gemacht. In Baden Württemberg gehen dann viele zwei Jahre auf die Berufsfachschule und schließen mit der Fachschulreife ab. Im Bereich Elektrotechnik war durch Zufall noch ein Platz frei – also habe ich mir gesagt: dann eben Elektrotechnik. Das habe ich durchgezogen aber nie gedacht, dass ich damit Elektroinstallateurin werde.

Mit 17 habe ich dann Praktika gemacht. Mein damaliger Kampfsportlehrer im Jiu Jitsu war Elektromeister. Er hat mir angeboten, dass ich in den Sommerferien auf seiner Baustelle arbeiten kann. Am Anfang fanden meine Eltern das toll. Sie dachten: Wenn die Frau erst mal merkt, wie es auf einem Bau ist, will sie vielleicht doch weiter auf die Schule gehen. Aber englische Vokabeln lernen hat mich zum Beispiel nie interessiert. In Elektrotechnik, Mathematik und Physik hatte ich aber meistens eine 3. Warum? Ich musste nicht lernen. Auch eine 3 war für mich in Ordnung.

Nach dem Realschulabschluss konnte ich im zweiten Ausbildungsjahr als Elektroinstallateurin bei meinem Trainer anfangen. Meine Eltern haben sich tierisch aufgeregt. Aber ich war die glücklichste Person auf meinen Baustellen. Nach meiner Ausbildung habe ich meinen Rucksack gepackt und bin mit 20 erst einmal ein halbes Jahr nach Kanada gegangen.

Nach meiner Rückkehr habe ich keinen Job als Elektroinstallateurin gefunden. Die beliebteste Ausrede der Firmeninhaber war ein fehlendes Damen-Klo. Andere meinten, die Arbeit sei zu schwer. Sie haben, ohne mich zu kennen, einfach nein gesagt.

Nachdem mir die Handwerkskammer einen Tipp gegeben hatte, habe ich mich in der Heizungsbranche beworben. Die suchten wohl händeringend Elektriker. Und zack: Die erste Firma hat mich eingestellt. Man wollte mich als Kundendiensttechnikerin ausbilden. Ich habe mich dafür entschieden; die Ausbildung konnte ich auch wieder verkürzen.

Sie haben gleich zwei Meistertitel. Was bedeutet der Meisterbrief für Sie persönlich?

Nach 24 Monaten als Kundendienstmonteurin habe ich mich für die Vollzeitmeisterschule in Freiburg entschieden. Ich wollte wieder 12 Wochen Ferien im Jahr haben und mich nicht mehr mit Kollegen über Urlaubstage absprechen müssen. Außerdem dachte ich, was meine Ex-Meister können, kann ich allemal. Beim zweiten Meisterabschluss dachte ich mir: Jetzt bin ich drin, jetzt bleibe ich dran. Durch die Unterstützung meiner Familie und meines Arbeitgebers war dies auch finanziell machbar. Ich übernehme gerne Verantwortung und habe Spaß daran, Menschen zu motivieren und Sie anzuleiten. Der Meister bedeutet für mich große Freiheit, mit den Grenzen von Selbst und Ständig.

Sie brennen für Ihren Beruf – auch als Ausbilderin. Warum? Was motiviert Sie?

Warum ich eine gute Ausbilderin bin, kann ich mir nur so erklären: Seit ich 13 Jahre alt bin, mache ich Kampfsport. Hier muss man im Training aufeinander Rücksicht nehmen, sich gegenseitig unterstützen und motivieren. Man muss anderen auch etwas erklären und beibringen. Im Einzelsport ist es einfach so: Wenn du einen Fehler machst, kannst du niemandem die Schuld geben außer dir selbst. Das beinhaltet auch, ehrlich zu sich selbst zu sein. Also versuche ich, jedem, der in mein Leben tritt, – ob Azubis, Familie, Freunde oder Trainingskollegen – klar zu machen, dass nur sie selbst für sich die Verantwortung für ihr Tun und Handeln übernehmen können. Es gibt nichts Schöneres in meinem Leben, als mitzuerleben wie sich Menschen entwickeln und mit Ihnen ihre Erfolge zu feiern.

Christoph Ortlieb +++ Jahrgang 1989 +++ Schreinermeister

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Christoph Ortlieb wurde für die „Jungen Wilden“ vorgeschlagen. Frage an die Tippgeberin: Was macht Christoph Ortlieb Ihrer Meinung nach zu einem „Jungen Wilden“?

Tippgeberin: Jung, mit Ende 20, ist, denke ich, klar und wild sicherlich Definition. Aber einen Betrieb wieder aufzunehmen und seinen eigenen Weg mit der Selbstständigkeit und all den Höhen und Tiefen zu gehen, ist sicherlich nicht die Norm. Zudem: Seine Coolness, gepaart mit seinem hohen Ehrgeiz, den unglaublich breit gefächerten Sachkenntnissen und Fähigkeiten, die weit über seine beruflichen Wurzeln hinausreichen, machen ihn zu einem absoluten Allrounder. Dabei verliert er nicht das Wesentliche aus den Augen und stemmt gemeinsam mit einem Mitarbeiter den Alltag in der kleinen Möbel- und Bauschreinerei. Ebenso setzt er sein Know-how in der Instandhaltung der eigenen Maschinen und Fahrzeuge ein, denn die Wegwerfkultur ist ihm ein Graus. Somit ist er für mich ein richtiger junger Wilder.

Herr Ortlieb, Sie leiten die Schreinerei Ortlieb in der zweiten Generation. Wie sehen Sie die Zukunft von Familienunternehmen?


Dadurch, dass der Betrieb über ein Jahrzehnt lang brach- bzw. stilllag, ist unsere Schreinerei kein Unternehmen, das direkt von Generation zu Generation weitergegeben wurde und damit auch nicht der Kundenstamm. Jedoch ist für mich die Weiterführung der Schreinerei meines Großvaters eine Herzenssache. Familienunternehmen an sich sehe ich heute von noch größerer Bedeutung, als sie es bereits früher schon waren. Sicherlich ist es heutzutage sehr wichtig, innovativ wie nachhaltig zu arbeiten, um sich dem Markt sowie den Anforderungen der Kunden anpassen zu können. Allerdings ist für mich der Mehrwert eines Unternehmens, das bereits eine Geschichte und damit eine Tradition, einen Namen hat, einfach bedeutungsvoll.

Können Sie uns ein bisschen erzählen, was Sie an Ihrem Beruf fasziniert?

Das Schreinerhandwerk steckt wohl bereits in meiner DNA; sowohl meine beiden Großväter wie auch zwei meiner Onkel waren bzw. sind Holzfachwerker, und das Arbeiten mit dem Werkstoff Holz begeistert mich, seit ich ein kleiner Junge war. Alte Möbelunikate wieder aufzuarbeiten bzw. instand zu setzen, neue Möbelstücke zu bauen, die heute genauso zeitgemäß sind wie auch noch in fünfzehn Jahren, Altbauten zu sanieren und zu modernisieren sind ja nur drei Bereiche, die ich mit meinem Schreinerdasein abdecken kann.

Was bedeutet für Sie die Meisterausbildung?

Die Meisterausbildung ist für mich in der sich stetig wandelnden und manchmal nicht greifbaren Zeit etwas Beständiges und sehr Wertvolles. Und ein weiterer Meilenstein, um meinen Beruf mit hohem Qualitätsbewusstsein ausüben zu können. Der Meistertitel war in der traditionellen Handwerkskunst immer etwas Besonders, Kostbares. Leider sind die Gesellenzeit, aber auch die Bedingungen, unbedingt einen Meistertitel besitzen zu müssen, aufgeweicht worden, was sehr bedauerlich, ja auch bedenklich ist. Für mich ist es unabdingbar, einen Meisterbrief zu besitzen, wenn man ein Handwerksunternehmen führen möchte.

Der Fotograf - madphotos

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Vorbilder II - Familienunternehmen im Handwerk

Vorbilder II


Erfolgreiche Familienbetriebe stehen neben einer hohen handwerklichen Qualität auch für ihre nachhaltigen Unternehmenskonzepte und ihr werteorientiertes Handeln. Um auf diese gelebte Unternehmenskultur aufmerksam zu machen und um die Geschichten solcher Betriebe aus der Region stellvertretend für viele weitere zu erzählen, haben wir „Vorbilder“ gesucht und gefunden. Die Bilder der Fotografin Sabine Rukatukl zeigen Motive acht regionaler Familienunternehmen im Handwerk und verdeutlichen den Nachhaltigkeitsgedanken gelebter Unternehmenskultur. Danke an die Familien Hug, Hügle, Trautmann, Käufer, Knetsch, Waldner, Roth und Drescher.

Vorbilder I - Gründerinnen im Handwerk

Das Jahr 2011 stand für uns im Zeichen der Handwerkerinnen. Ziel war es, mehr Frauen für das Handwerk zu begeistern und bereits selbstständige Handwerkerinnen noch besser zu unterstützen. Ein Businessplanwettbewerb, Schulungen, Existenzgründungs- und Marketingseminare, ein Info-Tag für Handwerkerinnen sowie eine Fotoausstellung unter dem Titel „Vorbilder“ über selbstständige Handwerkerinnen im Kammerbezirk waren die Höhepunkte. Die Botschaft der Bilder: Handwerk macht glücklich. Die Botschafterinnen: Erfolgreiche Frauen aus dem Kammerbezirk Freiburg, die genau das ausstrahlen.
 

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