Mobile Arbeit: Arbeitsministerium veröffentlicht Empfehlungen


Das Thema „mobile Arbeit“ durchdringt die Arbeitswelt immer weiter. Auch wenn im Handwerk aufgrund betrieblicher Zwänge manchmal keine mobile Arbeit möglich ist, gibt es doch auch bei den Handwerksbetrieben viele Entwicklungen in diese Richtung. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat nun Empfehlungen für gute hybride Bildschirmarbeit vorgelegt, die gerade dort, wo noch kein Rahmen für mobiles Arbeiten existiert, Anhaltspunkte für mögliche Vereinbarungen der Beteiligten liefern können.
Tablet Notebook u.m. über Hand schwebend

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Hintergrund dieser Veröffentlichung ist, dass das Ministerium nach aktuellem Stand keine gesetzlichen Vorgaben zu diesem Themenfeld plant. Die Empfehlungen sind nicht bindend und sind in sieben Schritte gegliedert.
 

Schritt 1: Begriffe, Anwendungsbereiche und Ziele definieren

Aushandlungsprozesse werden erleichtert und beschleunigt, wenn die Beteiligten zunächst ein gemeinsames Verständnis über die zu behandelnden Sachverhalte, den Umfang und die Ziele der zu erarbeitenden Vereinbarungen erzielen. Dazu gehören folgende Punkte:
 
  • Ziele, die mit der Einführung mobiler Bildschirmarbeit erreicht werden sollen, sollten einvernehmlich benannt werden, z. B. die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Verringerung des Berufspendelns, Wiedereingliederung nach Erkrankung, Steigerung der Arbeitsplatzattraktivität oder betriebliche Kosteneinsparungen durch Desksharing etc.
  • Es gilt der Grundsatz der doppelten Freiwilligkeit: Beschäftigte haben grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Bildschirmarbeit in ihrem Privatbereich, andererseits kann der Arbeitgeber diese auch grundsätzlich nicht einseitig anordnen.
  • Es sollte geklärt werden, ob die betriebliche Vereinbarung neben der überwiegenden Form mobiler Arbeit an Bildschirmarbeitsplätzen im Privatbereich der Beschäftigten (Homeoffice) auch Regelungen zu Bildschirmarbeit an anderen Orten, z. B. unterwegs in der Bahn, im Flugzeug, auf Dienstreisen im Hotel oder im Anschluss oder in Verbindung mit Urlaub oder Workation, enthalten soll.
  • Bietet der Arbeitgeber die Möglichkeit zur mobilen Arbeit in seinem Betrieb an, hat der Betriebsrat im Hinblick auf deren Ausgestaltung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Schritt 2: Geeignete mobile Bildschirmtätigkeiten festlegen

Die Erörterung der Kriterien für mobile Bildschirmarbeit schafft Handlungssicherheit für alle Beteiligten.
 
  • Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten gemeinsam die Kriterien für Bildschirmtätigkeiten festlegen, die auch außerhalb der Arbeitsstätte erledigt werden können.
  • Nicht jede betriebliche Bildschirmtätigkeit kann auch mobil ausgeführt werden. Gründe dafür sind beispielsweise Betriebsabläufe mit Anwesenheitserfordernis, Datenschutz- und Datensicherheitsaspekte oder besondere technische Anforderungen, z. B. spezielle Geräte zur Dateneingabe etc.
  • Die Festlegung über den Ort, von welchem aus mobil gearbeitet werden kann und darf, unterliegt der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG bzw. § 80 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und muss daher gemeinsam mit der Interessenvertretung erfolgen.
  • Der Betriebsrat ist in die Planung des Arbeitsablaufs durch eine rechtzeitige Unterrichtung gemäß § 90 BetrVG einzubeziehen, so dass die Anforderungen an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemeinsam mit dem Arbeitgeber beraten werden können. Auch in Betrieben ohne Betriebsrat sollten die Beschäftigten bei der Festlegung der Kriterien beteiligt werden.

Schritt 3: Zeitliche Rahmenbedingungen für hybride Bildschirmarbeit festlegen

Es soll Handlungssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bezug auf die Modalitäten für die hybride Bildschirmarbeit geschaffen werden.
 
  • Vereinbart werden sollte, welche zeitlichen Anteile von Bildschirmtätigkeiten an der wöchentlichen Gesamtarbeitszeit maximal außerhalb der Arbeitsstätte ausgeführt werden dürfen sowie an welchen Tagen gegebenenfalls Anwesenheitspflicht im Betrieb besteht.
  • Auch Regelungen zur Erreichbarkeit bei Bildschirmarbeit außerhalb der Arbeitsstätte sollten vereinbart werden. Dabei sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG zu beachten.
  • Sofern hybride Bildschirmarbeit mit Desksharing-Modellen verbunden wird, bei denen sich mehrere Beschäftigte Bildschirmarbeitsplätze im Betrieb teilen, ist zusätzlich zu vereinbaren, wie für die betroffenen Beschäftigten die Planbarkeit der Präsenzarbeit in der Arbeitsstätte sichergestellt wird. Hierzu ist der Betriebsrat nach § 90 BetrVG rechtzeitig zu unterrichten und die konkreten Maßnahmen sind mit ihm zu beraten.
  • Außerdem unterliegen diese Festlegungen der Mitbestimmung nach § 80 BPersVG und müssen daher gemeinsam mit der betrieblichen Mitarbeitervertretung erfolgen. Auch in Betrieben ohne Betriebsrat sollten die Beschäftigten bei der Festlegung beteiligt werden.

Schritt 4: Regelungen zur Aufteilung bzw. Übernahme der entstehenden Kosten treffen

Transparente und ausgewogene Regelungen zur Aufteilung der Kosten schaffen Handlungssicherheit für alle Beteiligten und vermeiden Konflikte.
 
  • Kosten für erforderliche Arbeitsmittel (Grundausstattung) und Maßnahmen des Arbeitsschutzes (§ 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG) sind unabhängig vom Arbeitsort vom Arbeitgeber zu tragen.
  • Vereinbarungen, wonach Beschäftigte z. B. eigene Arbeitsmittel zur Verfügung stellen („Bring your own device“), sind zulässig und können auch Gegenstand betrieblicher oder tariflicher Regelungen sein.

Schritt 5: Gefährdungsbeurteilung durchführen, Maßnahmen festlegen und umsetzen

Die Gefährdungsbeurteilung ist auch bei hybriden Arbeitsmodellen die Grundlage für sichere, gesunde, motivierende und produktive Arbeitsbedingungen.
 
  • Die erforderliche Gefährdungsbeurteilung bei hybriden Arbeitsmodellen und die Umsetzung der auf dieser Basis festgelegten Maßnahmen erfolgt für Tätigkeiten außerhalb der Arbeitsstätte unter Einbeziehung der Beschäftigten.
  • Empfehlenswert sind z. B. Checklisten für die Gefährdungsbeurteilung, die von den Beschäftigten u.a. zur Erfassung der Umgebungsbedingungen und der Arbeitsplatzausstattung genutzt werden können.
  • Der Arbeitgeber hat anschließend auf dieser Basis die im Einzelfall erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen.

Schritt 6: Beschäftigte informieren und unterweisen

Hybrid arbeitende Beschäftigte müssen befähigt werden, ihren besonderen Mitwirkungspflichten zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen bei Bildschirmarbeit außerhalb der Arbeitsstätte nachkommen zu können (Befähigung zur Eigenverantwortung).
 
  • Dazu sind die Beschäftigten in geeigneter Form, z. B. Aushang, E-Mail, Intranet oder auch im Rahmen von Teamsitzungen oder Informationsveranstaltungen, zu informieren.
  • Im Rahmen der Unterweisungen sind die Beschäftigten auf die festgelegten besonderen Mitwirkungspflichten bei hybrider Bildschirmarbeit hinzuweisen und zu befähigen, diesen Mitwirkungspflichten nachkommen zu können.
  • Hierbei ist auch auf Mitwirkungspflichten der Beschäftigten bei Wirksamkeitskontrollen des Arbeitgebers und bei Kontrollen der Arbeitsschutzbehörden und Aufsichtsdienste der Unfallversicherungsträger einzugehen.

Schritt 7: Maßnahmen auf Wirksamkeit kontrollieren und ggf. anpassen

Wirksamer Arbeitsschutz basiert auf regelmäßiger Überprüfung der Zielerreichung und kontinuierlichen Verbesserungsprozessen.
 
  • Wirksamkeitskontrollen des Arbeitgebers zu den im Privatbereich der Beschäftigten getroffenen Schutzmaßnahmen können beispielsweise durch Befragung der Beschäftigten, Fotodokumentation der Arbeitsbedingungen und/ oder Checklisten erfolgen.
  • Bei wesentlichen Änderungen der betrieblichen Rahmenbedingungen von hybrider Bildschirmarbeit (z. B. Änderung des zeitlichen Rahmens oder von Inhalten und Umfang der auszuführenden Bildschirmtätigkeiten, Einführung von Desksharing-Modellen usw.) sind die Schritte 1 bis 7 erneut zu durchlaufen, um systematisch Änderungsbedarfe an den bestehenden Regelungen zu ermitteln und umzusetzen.
  • Sofern sich Voraussetzungen lediglich seitens einzelner Beschäftigter ändern (z. B. Wohnungswechsel oder Änderung der individuell auszuführenden Bildschirmtätigkeiten), reicht eine erneute Durchführung beginnend bei Schritt 6.
 
Die kompletten Empfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) finden Sie hier noch einmal im PDF-Format zum Download