Das Abfallrecht unterliegt einem ständigen Wandel. So haben sich in den letzten Jahren einige rechtliche Vorgaben geändert; beispielhaft seien hier die Gewerbeabfall-Verordnung, das Verpackungsgesetz und das Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetz genannt.
Grund genug für die Umweltberater an den Baden-Württembergischen Handwerkskammern die Broschüre „Abfallentsorgung im Handwerk– rechtliche Grundlagen und Tipps für die Praxis“ neu aufzulegen. Basierend auf den Beratungserfahrungen der Umweltberater fasst diese in kurzer, verständlicher und praxisnaher Form die aktuelle Situation im Abfallrecht zusammen. Damit soll sie Handwerkern helfen, die wichtigen abfallrechtlichen Anforderungen für ihren eigenen Betrieb zu kennen und Ihre Abläufe beim Umgang mit Abfällen sicher und effizient zu organisieren.
Verpackungsrecycling - Handwerk betroffen
Das Recycling von Verpackungen war schon in den letzten Jahren mit einer Reihe von rechtlichen Anforderungen aus der Verpackungsverordnung verknüpft. Diese hatten zum Ziel möglichst hohe Recyclingraten zu ermöglichen und die Hersteller von Verpackungen an den Kosten für das Recyclingsystem zu beteiligen. Mit dem Übergang zum jetzigen Verpackungsgesetz (VerpackG) werden die Vorgaben zur Produktverantwortung Schritt für Schritt verschärft, um Trittbrettfahrertum zu vermeiden und die Recyclingquoten weiter zu steigern.Auch für Handwerksbetriebe können sich aus dem VerpackG Verpflichtungen ergeben, die bei Nichtbeachten teils mit empfindlichen Strafen verknüpft sein können. Deshalb sollte sich jeder Handwerksbetrieb, der Waren in Verpackungen an Dritte abgibt mit den aktuellen Anforderungen beschäftigen und ggf. seine Betriebsabläufe anpassen.
Wer ist betroffen?
Die Pflichten treffen in erster Linie denjenigen, auf den folgende Punkte zutreffen:- Man befüllt erstmals Verpackungen mit Waren und bringt diese gewerbsmäßig in Deutschland in Verkehr (sog. Erstinverkehrbringer) und
- die abgegebenen Verpackungen (Verkaufs- oder Umverpackungen) fallen typischerweise bei privaten Haushalten oder vergleichbaren Einrichtungen (sog. „privaten Endverbrauchern“; auch kleine Handwerksbetriebe) als Abfall an.
- Versand selbst hergestellter oder unverpackter fremder Waren in Verpackungen (herkömmlich und online),
- der Abgabe von verpackten Waren direkt im Betrieb,
- der Abgabe von verpackten Waren an Weitervertreiber oder
- dem Versand von Werbematerialien an Kunden, die private Endverbraucher sind.
In der Praxis gibt es eine Vielzahl weiterer Fallkonstellationen – teils abhängig von Gebindegrößen oder Einzelfallentscheidungen –, die hier nicht weiter behandelt werden können. Da helfen die unten aufgeführten Informationsquellen und Praxisbeispiele weiter.
Was hat die Beteiligungspflicht für Konsequenzen?
Erstinverkehrbringer, die einer Systembeteiligungspflicht unterliegen, müssen sich zunächst online bei der Stiftung „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ (ZSVR) registrieren. Nach dem Erhalt der Zugangsdaten für die zentrale Datenbank LUCID müssen bei der eigentlichen Registrierung Angaben zum Betrieb (z.B. Steuernummer) und den Bezeichnungen der betroffenen Verpackungen gemacht sowie auch die Beteiligung an einem zugelassenen Rücknahmesystem nachgewiesen werden. D.h. man muss sich gleichzeitig einem solchen System anschließen und dabei die Mengen und Arten an Verpackungen angeben, für die man der Systembeteiligungspflicht unterliegt.Einen wichtigen Sonderfall stellen Betriebe dar, die ihre Ware „vor den Augen des Kunden“ verpacken und über die Theke direkt an Kunden abgeben, was im Handwerk insbesondere die Lebensmittelgewerke betrifft. Die dabei verwendeten Verpackungen fallen in die Kategorie „Serviceverpackungen“. Bei diesen können bereits durch die Lieferanten registrierte Verpackungen bezogen werden, bei denen schon ein Anschluss an ein Rücknahmesystem besteht. Dies kann weiter so praktiziert werden, aber bis Ende Juni 2022 müssen sich auch Betriebe, die ausschließlich solche vorregistrierten Verpackungen verwenden in der Datenbank LUCID registrieren (vereinfachtes Verfahren).
Gleiches gilt auch für Betriebe, die auch oder nur andere mit Ware befüllte Verpackungen in Verkehr bringen, wie z.B. nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen, Transportverpackungen oder auch Verkaufs- und Umverpackungen im gewerblichen Bereich. Auch diese müssen sich bis Ende Juni 2022 im Verpackungsregister LUCID registrieren.
Alle registrierten Unternehmen werden von der Zentralen Stelle Verpackungsregister in einer Datenbank öffentlich zugänglich gemacht, so dass jeder Interessierte nachvollziehen kann, ob ein Geschäftspartner, Händler, Lieferant, usw. registriert ist und Verpackungen mit einem bestehenden Rücknahmesystem verwendet.
Wo gibt es weitere Informationen und Hilfen?
Stiftung „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ mit Informationen und Themenheften zur Systembeteiligungspflicht, Erklärfilme, Fragen & Antworten, Checklisten, Zugang zum Verpackungsregister LUCID sowie telefonischem und technischem SupportHier gelangen Sie zum Verpackungsregister.
Die Systembeteiligungspflicht hängt nicht nur von der Art der Verpackung ab, sondern teilweise auch von weiteren Faktoren wie z.B. der Verpackungsgröße. Hier kann eine frühzeitige Überprüfung der selbst eingesetzten Verpackungen viel Aufwand ersparen.Hier gelangen Sie zum Katalog der systembeteiligungspflichtigen Verpackungen.
Elektronisches Abfallnachweisverfahren
Entsorgung elektronisch
Viele Jahre lang war es in der Abfallentsorgung Praxis, dass zur Genehmigung einer Abfallentsorgung und zu deren Abwicklung Formulare in Papierform ausgefüllt und aufbewahrt werden mussten. Für diese Entsorgungsnachweise, Begleit- oder Übernahmescheine wurden im Betrieb meist Abfallnachweisbücher angelegt um hier den Überblick zu haben und die geforderte Aufbewahrung über mindestens 3 Jahre sicher zu stellen.Mit dem Umstieg auf das elektronische Abfallnachweisverfahren seit 2011 ist - insbesondere für gefährliche Abfälle - weitgehend Schluss mit diesem "Papierkrieg". Das elektronische Abfallnachweisverfahren hat sich inzwischen eingespielt und bezieht alle am Entsorgungsvorgang Beteiligten mit ein. Offizielles Ziel des elektronischen Abfallnachweisverfahrens (eANV) ist es, die Entsorgungsvorgänge zeitgemäß, und damit für alle Beteiligten schnell und einfach zu gestalten.
Wie ist das Handwerk davon betroffen?
Handwerksbetriebe treten im Entsorgungsweg meist als Abfallerzeuger auf und starten damit das Abfallnachweisverfahren. Damit sind sie bereits in die Pflichten des Verfahrens eingebunden. Diese sind, vom Gesetzgeber gewollt, für gefährliche Abfälle besonders detailliert vorgegeben. Bereits vor der eigentlichen Entsorgung ist deren Zulässigkeit zwischen Abfallerzeuger, Entsorger und Behörde abzuklären (Vorabkontrolle, z.B. per Entsorgungsnachweis). Zusätzlich ist der Weg der Abfälle von der Abholung an der Anfallstelle bis zur Entsorgung von allen Beteiligten zu dokumentieren (Verbleibskontrolle, z.B. per Begleitschein).
Da im Handwerk - gerade bei Betrieben aus den Bau-/Ausbaugewerken - die Entsorgungsvorgänge in sehr unterschiedlichen Formen vorkommen und eine ganze Reihe von gefährlichen Abfällen betreffen können ist auch die Betroffenheit der Handwerker durch das neue elektronische Abfallnachweisverfahren (eANV) sehr unterschiedlich.
Folgende drei grundsätzlichen Fälle müssen unterschieden werden:
Folgende drei grundsätzlichen Fälle müssen unterschieden werden:
Wie kann ich am elektronischen Abfallnachweisverfahren teilnehmen?
Die Signaturkarten für die qualifizierte elektronische Signatur können bei sogenannten Zertifizierungsdienste-Anbietern oder "Trust-Centern" erworben werden. Diese bieten teilweise auch Komplett-Pakete mit Signaturkarte, Kartenlesegerät und zugehöriger Software an. Eine Übersicht über die Zertifizierungsdienste-Anbieter erhalten Sie im Internetauftritt der Bundesnetzagentur unter "Aufgaben der Bundesnetzagentur" > "Anbieterinformationen, Akkreditierung und Aufsicht"
Übersicht Zertifizierungsdienste-Anbieter bei der Bundesnetzagentur
Übersicht Zertifizierungsdienste-Anbieter bei der Bundesnetzagentur
Abfalltransporte im Handwerk
Pflichten für die Beförderung von Abfällen
Gerade in den Bau- und Ausbau-Gewerken gehört es oft zur täglichen Arbeit, dass Abfälle von der Baustelle zu den Sammelbehältern im Betrieb zurückgenommen oder bei Annahmestellen Dritter abgegeben werden. Aber auch Handwerksbetriebe anderer Gewerke transportieren fallweise Abfälle, beispielsweise bei der Rücknahme alter Geräte oder Anlagenteile im Zuge technischer Modernisierungen.Solcherlei Umgang mit Abfällen wurde mit dem Inkrafttreten des neuen Abfallgesetzes im Juni 2012 neu geregelt. Nach zwei Jahren Übergangsfrist und zähem Ringen um Ausnahmen für das Handwerk wurden durch die Anzeige- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV) nun neue Pflichten für Handwerksbetriebe bei der Beförderung von Abfällen vorgegeben. Dabei sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden:
Die Formulare für die Anzeige von Abfalltransporten nach AbfAEV können seit 2015 auch online ausgefüllt werden. Dies kann beispielsweise über folgendes, bundesweite Portal erfolgen:www.eAEV-formulare.de
Abfalltrennung im Betrieb und auf der Baustelle
Anfang August 2017 trat die neue Gewerbeabfall-Verordnung (GewAbfV) in Kraft. Deren Zielsetzung ist die Stärkung der stofflichen Verwertung (Recycling) gegenüber der thermischen Verwertung (Verbrennung mit Abwärme-Nutzung). Um dies zu erreichen werden auch Handwerksbetriebe in ihrer Funktion als Abfallerzeuger und –besitzer dazu verpflichtet, anfallende Abfälle umfangreich zu trennen. Dies gilt zum einen für den gewerblichen Siedlungsabfall, der am Betriebsstandort anfällt, zum anderen für die Abfälle, die auf Baustellen entstehen. Ausgenommen von dieser Verordnung sind Elektro-/Elektronik- und Verpackungsabfälle, Altbatterien sowie der „Restmüll“, der der kommunalen Entsorgung überlassen wird.Zentrale Konsequenz aus den neuen Anforderungen ist die Verpflichtung, die anfallenden Abfälle in eine Reihe von Fraktionen zu trennen und diese getrennt der Wiederverwertung bzw. dem Recycling zuzuführen. Am Betriebsstandort sind dies 7 Abfallarten; auf der Baustelle 10 Abfallarten. Zudem ist die Trennung zu dokumentieren. Hierzu empfiehlt es sich – sofern nicht schon vorhanden - eine separate Dokumentation anzulegen, die ggf. auf Verlangen der zuständigen Behörde einfach vorgezeigt werden kann. Diese Dokumentation sollte Wiege-/Übernahmescheine, Fotos von Baustellensituationen, Begründungen für die gemischte Entsorgung, Bescheinigungen der Entsorger zur stofflichen Verwertung bzw. Auf- oder Vorbereitung von Gemischen sowie die zugehörigen Rechnungen der Entsorger als Kopie enthalten.
Die Verordnung beinhaltet auch Möglichkeiten für Ausnahmen von der Getrennthaltungs-pflicht, sofern diese technisch nicht möglich und/oder wirtschaftlich unzumutbar ist. Diese sind jedoch in der Praxis mit hohen Hürden verknüpft, beispielsweise Begründungen und bildliche Nachweise.
Weitere Details zur Gewerbeabfallverordnung und deren Konsequenzen für das Handwerk enthalten ein Flyer des ZdH sowie weitere Informationen im Internetauftritt des ZdH. Dort findet sich auch der Text der Gewerbeabfallverordnung.