© Polizeipräsidium Aalen
Weitere Überschwemmungsursachen lassen sich jedoch nicht berechnen und in Karten darstellen und können auch in ganz anderen Gebieten für Gefahren und Schäden sorgen. Dazu zählen beispielsweise Starkregen, Sturzbäche, Treibgut oder hochdrückendes Grundwasser. Auch in den ausgewiesenen Überschwemmungsbereichen können sich durch Dammbrüche oder die Verklausung von Brücken gefährlichere Situationen ergeben.
Aber unabhängig davon, welche Ursachen zu einer Überschwemmung geführt haben, sind die Folgen für Unternehmen in vielen Fällen existenzgefährdend. Deshalb ist es für betroffene Unternehmensstandorte wichtig, sich frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen, um die Risiken genauer zu kennen und wirksame Vorsorge- und Gegenmaßnahmen treffen zu können.
Ist mein Unternehmen betroffen?
Interaktive HWGK - Beispiel Überflutungsflächen
Ein erster Schritt auf dem Weg zu einem überschwemmungssicheren Unternehmen ist, sich darüber zu informieren, ob der eigene Unternehmensstandort gefährdet ist. Dazu sind die so genannten Hochwassergefahrenkarten (kurz: HWGK) eine gute Informationsquelle. Sie stellen für ca. 11.300 km an größeren und mittleren Gewässern dar, welche Flächen beim Über-die-Ufer-Treten dieser Gewässer betroffen sind. Gestaffelt nach den Wahrscheinlichkeiten (statistisch alle 10 Jahre, alle 50 Jahre, alle 100 Jahre und im Extremfall) lassen sich die überfluteten Flächen und die berechneten Einstauhöhen aus diesen Karten ablesen. Flächen, die statistisch alle 100 Jahre oder öfter überschwemmt werden gelten als „Überschwemmungsgebiete“; Flächen, die nur im Extremfall überschwemmt werden als „Risikogebiete“.
Interaktive HWGK - Beispiel Überflutungstiefen
Befindet man sich nach diesen Karten in einem "sicheren" Bereich, sollte man sich dennoch fragen, inwieweit andere Überschwemmungsgefahren eine Rolle spielen können (siehe oben). Auch die Erreichbarkeit des Betriebsstandortes im Hochwasserfall ist ein wichtiger Aspekt.
Befindet man sich in einem als überschwemmungsgefährdet ausgewiesenen Bereich, sind Häufigkeit und Einstauhöhen auch im Umfeld des Betriebsstandortes wichtige Eingangsgrößen für die weiteren Überlegungen.
Hinweis: Zukünftig kann es auch Festlegungen sogenannter Hochwasserentstehungsgebiete geben. Dazu zählen Gebiete, in denen durch Starkregen oder Schneeschmelze in kurzer Zeit starke oberirdische Abflüsse entstehen können. Diese sind nicht zuletzt aufgrund ihrer erfahrungsgemäß sehr kurzen Vorwarnzeiten problematisch. Auch bei Neubauten ist eine solche Festsetzung von Bedeutung, da ab einer versiegelten Fläche von 1500 m2 eine vorherige Genehmigungspflicht besteht, die zusätzliche Auflagen beinhalten kann.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
Liegt der Betriebsstandort in einem Bereich, der bis zu einem 100jährigen Hochwasser als überschwemmungsgefährdet eingestuft ist, ergibt sich aus der derzeit geltenden Rechtslage automatisch ein Bauverbot. Das bedeutet, dass grundsätzlich alle Baumaßnahmen wie Betriebsanbauten, Neubauten auf betroffenen Grundstücken, Veränderungen der Geländestruktur, usw. verboten sind, sofern sie eine Relevanz für das Thema Überschwemmung haben. Ausnahmen sind möglich, aber an eine Reihe von Bedingungen geknüpft – beispielsweise eine Hochwasser angepasste Bauweise – und liegen im Ermessen der zuständigen Bau-Behörde.Aber auch bei bestehenden Betrieben, die keine Veränderungen im Außen planen, besteht die rechtliche Verpflichtung, diese so abzusichern, dass im Überschwemmungsfall keine Schäden für Menschen und die Umwelt entstehen. Das fängt schon im Außenbereich des Betriebes an. Dort dürfen beispielsweise
- keine Gegenstände gelagert werden, die bei Überschwemmungen fortgeschwemmt werden oder den Wasserabfluss behindern können (sofern sie nicht kurzfristig in gesicherte Bereiche gebracht werden können) und
- keine Arbeiten vorgenommen werden, die zu (dauerhaften) Bodenerhöhungen oder Vertiefungen führen.
Als bestehender Betrieb kann man für das Betriebsgebäude selbst zwei grundsätzliche Schutzstrategien verfolgen:
- die „trockene Vorsorge“, bei der das Hochwasser von Betriebsgebäuden/-einrichtungen ferngehalten wird, oder
- die „nasse Vorsorge“, bei der Betriebsgebäude/-einrichtungen so ausgestaltet werden, dass keine wesentlichen Schäden entstehen können.
© Handwerkskammer Koblenz
Auch Betriebe, die bei einem 100jährigen Hochwasser nicht direkt gefährdet sind, sollten sich für den Hochwasserfall ein Konzept überlegen, wie sich diese besondere Situation in ihrer Umgebung, für ihre Beschäftigten oder beispielsweise bei wichtigen Lieferanten/Kunden auswirkt. So kann man im Ernstfall besser gewappnet sein und die Risiken in vertretbaren Grenzen halten.
Da sich in den betroffenen Betrieben erfahrungsgemäß nicht alle Schäden vermeiden lassen, ist die Ausgestaltung bzw. Anpassung der versicherungstechnischen Absicherung eine weitere wichtige Aktivität. Dies beinhaltet meist auch Vereinbarungen über die Art der Dokumentation und der Feststellung der Schäden im Fall des Falles.
Nicht zuletzt sollte das Thema Überschwemmungsgefahren bei allen zukünftigen Aktivitäten eine wichtige Entscheidungsgrundlage sein; sei es bei der Suche nach neuen Standorten, bei der baulichen Ausgestaltung der Betriebsgebäude/-einrichtungen, der Sicherung der Wertschöpfungskette oder der Ausgestaltung neuer Produkte und Dienstleistungen.
Weitere Informationen
Weitere Informationen und Arbeitshilfen finden sich beispielsweise unter folgenden Internetadressen:- Infoseite des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
- Infoportal der WBW-Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung mbH
- Publikationen der Hochwasserpartnerschaften in Baden-Württemberg
- Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg
- Hochwasserpass Köln, inkl. Berater Hochwasserschutz
Sprechen Sie darüber hinaus Ihre Kommune auf die Thematik an. Lassen Sie sich in die dortige Erstellung der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne einbinden. Informieren Sie sich über geplante Hochwasserschutzmaßnahmen und über Unterstützungsmöglichkeiten im Überschwemmungsfall.
Artikelserie zum Hochwasserschutz im Handwerk
Nachfolgend finden Sie zum Nachlesen eine Artikelserie, die sich mit wichtigen Themenbereichen im Umgang mit Überschwemmungsgefahren beschäftigt.Veranstaltung "Hochwasser und Starkregen - vorsorgen statt "baden gehen"
In Freiburg fand aus Anlass der veröffentlichten Hochwassergefahrenkarten eine Veranstaltung zum Thema Hochwasserschutz im Bereich Freiburg, Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen statt. Etwa 60 Teilnehmer wurden über das Thema informiert und diskutierten über die weitere Handhabung in der Praxis.Nachstehend finden Interessierte das Programm sowie die Vorträge dieser Veranstaltung zur Information.